
Der US-Wahlkampf ist in die heiße Phase eingetreten. Laut der Plattform „RealClearPolitics“ führt Donald Trump in allen sieben Swing States. Auch andere Demoskopen schreiben dem Republikaner etwas bessere Chancen zu. WELT erklärt die Lage in den entscheidenden Staaten.
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Gut zwei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl ist noch immer unklar, wer am 5. November gewinnen wird. Um die Amerikaner von sich zu überzeugen, gab Kamala Harris im vergangenen Monat rund 270 Millionen Dollar vor allem für Fernsehwerbung aus, wie aus kürzlich veröffentlichten Finanzberichten hervorgeht. Donald Trump kam im gleichen Zeitraum auf eine deutlich niedrigere Summe – etwa 78 Millionen Dollar.
Ein größeres Budget garantiert jedoch keinen Wahlsieg. In den Umfragen liefern sich die Kandidaten weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auf das Momentum, das Harris noch im Sommer zu Beginn ihres Wahlkampfes hatte, kann sie sich nicht mehr verlassen. Hinweise darauf, wie es aktuell steht, geben Plattformen wie „FiveThirtyEight“ und „RealClearPolitics“ (RCP). Diese sammeln Umfragen verschiedener Institute, gewichten sie und errechnen daraus Durchschnittswerte.
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Auf bundesweiter Ebene sehen die Statistiker derzeit Harris leicht vorn. Bei RCP kommt sie auf 48,7 Prozent, während Trump 48,5 Prozent zugerechnet werden. Ähnlich sieht es bei „FiveThirtyEight“ aus, wie sich in der folgenden Grafik ablesen lässt. Die Differenz ist bei beiden Plattformen jedoch so gering, dass kein klarer Vorsprung festzustellen ist.
Wer im November bundesweit die Mehrheit bekommt, spielt ohnehin keine Rolle. Das US-amerikanische Wahlsystem basiert bekanntlich auf dem Wahlmännerprinzip: Nicht der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt, sondern der mit den meisten Wahlleuten. Wer in einem Bundesstaat die Mehrheit der Stimmen der Bevölkerung erhält, vereint die Stimmen aller Delegierten dieses Staates auf sich. Demokraten und Republikaner konzentrieren sich auf sieben Swing States: Wisconsin, Michigan, Pennsylvania, Nevada, Georgia, Arizona und North Carolina.
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Präsidentschaftswahl 2024

In sechs dieser Staaten hat Joe Biden bei der Wahl 2020 die Mehrheit geholt. North Carolina fiel in den vergangenen Jahrzehnten bei fast allen Präsidentschaftswahlen an die Republikaner, eine Ausnahme war der Sieg von Barack Obama im Jahr 2008. Den Umfragen zufolge könnte Harris eine Chance haben, diesen Sieg für die Demokraten zu wiederholen. Ausgemacht ist das aber nicht. RCP sieht Trump aktuell in allen Swing States vorn – auch in Wisconsin, wo Harris dem Portal zufolge kürzlich noch einen leichten Vorsprung hatte.
Die Umfragewerte laut „RealClearPolitics“ im Überblick:
Bei „FiveThirtyEight“, benannt nach den 538 Wahlleuten im sogenannten Electoral College, sehen die Daten etwas anders aus. Doch auch dort sehen die Demoskopen einen leichten Vorteil für Trump. Er führt demnach in vier der sieben Staaten, nämlich North Carolina, Pennsylvania, Georgia und Arizona.
Die Umfragewerte laut „FiveThirtyEight“ im Überblick:
Wisconsin:
- Harris: 47,8 Prozent
- Trump: 47,6 Prozent
Michigan:
- Harris: 47,6 Prozent
- Trump: 47,0 Prozent
North Carolina:
- Trump: 48,3 Prozent
- Harris: 47,1 Prozent
Pennsylvania:
- Trump: 47,9 Prozent
- Harris: 47,6 Prozent
Nevada:
- Harris: 47,3 Prozent
- Trump: 47,2 Prozent
Georgia:
- Trump: 48,5 Prozent
- Harris: 47,0 Prozent
Arizona:
- Trump: 48,6 Prozent
- Harris: 46,7 Prozent
Die Differenzen sind auffallend gering, teilweise liegen sie unter einem Prozentpunkt. Der politische Chefanalyst der „New York Times“, Nate Cohn, schreibt sogar: „Noch nie gab es eine Wahl, bei der so viele Umfragen ein so knappes Rennen zeigten.“ Wie sich die Werte in den umkämpften Bundesstaaten laut „FiveThirtyEight“ in den vergangenen Monaten entwickelt haben, lässt sich in der folgenden Grafik ablesen. Mit einem Klick auf das Auswahlmenü erscheint der gewünschte Staat.
Die gewichteten Umfragen kombiniert „FiveThirtyEight“ mit anderen Daten, etwa zur wirtschaftlichen Lage, und mit politischen Faktoren wie dem Umstand, dass Kandidaten in ihren Heimatstaaten tendenziell gut abschneiden. Daraus berechnen die Statistiker, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Staat an einen Kandidaten fallen wird. Aktuell halten sie einen Sieg von Trump in Arizona und Georgia für wahrscheinlicher als einen von Harris. Für die anderen Staaten trauen sie sich keine Prognose zu.
Um US-Präsident zu werden, braucht ein Kandidat mindestens 270 Wahlleute. Basierend auf den Staaten, die erfahrungsgemäß demokratisch oder republikanisch wählen werden, gehen Beobachter zurzeit davon aus, dass Harris 226 Wahlleute auf ihrer Seite hätte. Trump käme demnach auf 219. Über die restlichen Stimmen entscheiden die Wahlergebnisse in den Swing States. Die Bundesstaaten stellen abhängig von ihrer Größe unterschiedlich viele Wahlleute. Es geht also nicht nur darum, wie viele Staaten ein Kandidat gewinnt, sondern auch, welche es sind.
RCP prognostiziert für Trump eine komfortable Mehrheit von 312 Stimmen im Electoral College, während Harris auf 226 Stimmen käme. Trump würde die Wahl demnach also gewinnen. „FiveThirtyEight“ sieht einen knapperen Ausgang. Auch dort wird dem Ex-Präsidenten mit 272 zu 266 jedoch eine Mehrheit der Wahlleute zugerechnet. Die folgende Grafik zeigt, wie sich die Prognose in den vergangenen Wochen verändert hat.
Die Statistiker von „FiveThirtyEight“ berechnen zudem, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kandidaten eine Mehrheit im Electoral College bekommen werden. Derzeit schreiben sie Trump eine Chance von 52 Prozent zu. Harris kommt in der Prognose auf 48 Prozent. Vor einigen Tagen hatte das Portal der Demokratin noch bessere Chancen zugeschrieben. Auch diese Daten zeigen also, wie knapp das Rennen um das Weiße Haus ist.
Eine klare Vorhersage ist zurzeit unmöglich. In einem Kopf-an-Kopf-Rennen können selbst kleine Änderungen in der politischen Stimmung einen Effekt haben. Zudem sind Prognosen immer mit Unsicherheit behaftet. Nur ein kleiner Fehler in den Umfragen könnte zu einem ganz anderen Ergebnis führen. Vor der Wahl im Jahr 2016 unterschätzten die Institute etwa Donald Trump. Bei den Midterm-Wahlen vor zwei Jahren fuhren hingegen die Demokraten ein besseres Ergebnis ein als erwartet.
Hinweis: Dieser Artikel wird regelmäßig aktualisiert.